Langjähriger EU-Sonderbeauftragter klagt am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gegen Einschränkungen der Religionsfreiheit aufgrund von Corona-Restriktionen

Jan Figel
  • Der ehemalige EU-Sonderbeauftragte für Religionsfreiheit, Dr. Ján Figel’, klagt am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gegen Corona-Restriktionen für religiöse Versammlungen.
  • Verbote von Gottesdiensten sind „illiberal und unverhältnismäßig“, so Figel‘.
  • In weiten Teilen Europas wurden Ostergottesdienste in den Jahren 2020 und 2021 verboten.

STRASSBURG, FRANKREICH (6. April 2023) – Der ehemalige Sonderbeauftragte für Religions- und Glaubensfreiheit außerhalb der EU, Dr. Ján Figeľ, hat beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Klage gegen die 2021 beschlossenen Einschränkungen von Gottesdiensten in der Slowakei eingereicht. Der Gerichtshof hat den Fall zugelassen und der slowakischen Regierung die Klage zugestellt. Damit ist der Fall einer der ersten, bei dem Europas oberstes Menschenrechtsgericht die Auswirkungen der Covid-Beschränkungen auf die Religionsfreiheit in Europa untersucht.

Im Februar 2021 verlängerte die Slowakische Republik ihre Corona-Einschränkungen und verbot kulturelle, soziale und sportliche Veranstaltungen sowie religiöse Gottesdienste. Ausnahmen wurden nur für Taufen und Hochzeiten mit bis zu sechs Personen gemacht.

Figeľ: „Gottesdienstverbote sind ein unverhältnismäßiger Eingriff in das Recht auf Religionsfreiheit“

„Jeder hat das Recht, seinen Glauben auszuüben. Menschen dies zu verbieten, ist zutiefst illiberal und undemokratisch. Verbote von Gottesdiensten sind ein ungerechter und unverhältnismäßiger Eingriff in das Recht auf Religionsfreiheit. Gerichtsentscheidungen in ganz Europa (z.B. in Deutschland und Frankreich) haben gezeigt, dass Gottesdienstverbote eine Verletzung der Religionsfreiheit darstellen“, erklärte Figeľ. Der ehemalige Sonderbeauftragte wird von ADF International unterstützt, einer juristischen Menschenrechtsorganisation, die sich weltweit für Religions- und Meinungsfreiheit einsetzt. ADF International unterstützt Dr. Ján Figeľ als Co-Counsel bzw. zweiter Prozessanwalt.

Figeľ fügte hinzu: „Als Sonderbeauftragter war mir klar, dass die Europäische Union Religionsfreiheit nicht glaubwürdig fördern kann, wenn die Mitgliedstaaten Grundfreiheiten im eigenen Land nicht schützen.“

Menschenrechtsorganisation ADF International unterstützt Figel als Co-Counsel

„Die internationalen Menschenrechte schützen die Religionsfreiheit. Dieses Grundrecht kommt allen zugute – Menschen mit und ohne Glauben. Wichtige Grundfreiheiten gelten für alle und in Krisenzeiten müssen sie geschützt und nicht aufgeweicht werden. Wir unterstützen Dr. Ján Figeľs Verteidigung der Religionsfreiheit“, sagte Dr. Adina Portaru, Senior Counsel bei ADF International.

„Jeder sollte seinen Glauben leben können. Für viele ist der gemeinschaftliche Gottesdienst davon ein fester Bestandteil. Darum schützt das internationale Recht ausdrücklich den Gottesdienst als einen zentralen Aspekt der Religionsfreiheit“, fügte Portaru hinzu.

Juristischer Hintergrund: Kriterien für Einschränkungen nicht erfüllt

Sowohl die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) als auch die Verfassung der Slowakei schützen Religionsfreiheit als ein Grundrecht. Die EMRK erwähnt ausdrücklich die „Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung einzeln oder in Gemeinschaft … durch Gottesdienst … auszuüben.“ (Artikel 9 EMRK)

Nur in seltenen Fällen dürfen Staaten die Religionsfreiheit ihrer Bürger einschränken. Ausnahmen müssen strenge Kriterien erfüllen: Eine Rechtsgrundlage muss vorhanden sein, die Maßnahme muss ein legitimes Ziel verfolgen und zur Erreichung dieses Ziels notwendig sein. Keines der drei Kriterien war erfüllt, argumentiert Figeľ in seiner Klage vor dem Gerichtshof. Die Grundrechtseinschränkung hatte keine klare Rechtsgrundlage.

„Religionsfreiheit gegen öffentliche Gesundheit auszuspielen, ist falsch. Gottesdienste sind für viele Menschen gerade in Krisenzeiten ein wichtiger Orientierungspunkt. Ausgewogene Maßnahmen sollten in Übereinstimmung mit der Religionsfreiheit erfolgen“, erklärte Portaru.

Figeľs Klage wurde von verschiedenen Vertretern aus Kunst, Wissenschaft und Politik mit unterschiedlichem Glaubenshintergrund unterstützt. Auch die slowakische Bischofskonferenz begrüßte den Fall.

Die Menschenrechtsorganisation ADF International war in mehreren Fällen von Gottesdienstverboten und Einschränkungen der Religionsfreiheit aufgrund von Corona-Restriktionen beteiligt. In Uganda unterstützte ADF International eine Koalition von Christen und Muslimen, die gegen ein diskriminierendes Verbot religiöser Versammlungen vorging. Darüber hinaus setzte sich ADF International für die Öffnung von Kirchen in Irland, Schottland und der Schweiz ein.  

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