Wirken in schwierigen Zeiten
Nach einer Rede von Paul Coleman
Wer heute eine Zeitung aufschlägt, wird nicht umhin kommen folgendes festzustellen: Unsere Gesellschaft ist ökonomisch fragil. Politisch instabil. Moralisch dekadent und dazu noch zunehmend gespalten. Gerade die grassierende gesellschaftliche Spaltung ist keine große Überraschung angesichts der Uneinigkeit über die fundamentalen Prinzipien unseres Zusammenlebens.
Vor ein paar Jahren erschien in der linken Zeitung The Guardian ein bemerkenswerter Leitartikel über die Zukunft Europas und sein Verständnis von Moral: „Ein postchristliches Europa wird natürlich eine Moral haben, aber es wird keine christliche Moral sein. Sie wird wahrscheinlich weniger universalistisch sein. Die Idee, dass Menschen gewisse Rechte haben, nur weil sie Menschen sind, und zwar völlig unabhängig von ihrem Verdienst, ist sicherlich nicht aus der Beschäftigung mit der Welt entstanden. Sie ist aus dem Christentum hervorgegangen…“
Das grundlegende Verständnis, dass der Mensch eine unantastbare Würde besitzt, weil er das Abbild Gottes trägt, ist verflogen. Der Wert jedes einzelnen Menschen ist relativiert. Zum einen werden die Jungen, Fitten und Gesunden vergöttert. Aber was ist mit den Schwachen und Verletzlichen, den Älteren und Behinderten? Immer öfter bieten wir nur noch Euthanasie an.
Eine „weniger universelle Moral“?
Die „weniger universelle Moral“ ist auch der Grund, warum statistisch gesehen der Mutterleib in ganz Europa der gefährlichste Ort für ein Kind ist und bleibt.
Unter anderem wird die gezielte Tötung von Kindern mit Down-Syndrom in manchen Medien als Heilmittel beschrieben. Ganz so als hätte man Malaria ausgerottet. Als wäre das noch nicht genug, wird die grundlegendste Einheit, der Eckpfeiler unserer Gesellschaft, gezielt umdefiniert, verzerrt und zerstört. Langjähriger Druck und erfolgreicher Aktivismus haben dazu geführt, dass das Verständnis von Ehe und Familie, die Einzigartigkeit und Komplementarität von Mann und Frau, zusammenbricht. Die Folgen sind wie nach einem Krieg: Millionen Kinder wachsen ohne Väter auf. Und ein Land wie Großbritannien muss jährlich mehr als 60 Milliarden Euro aufwenden, um die gesellschaftlichen Folgen von kaputten Familien abzumildern.
Noch 2008 betonte Barack Obama: „Wir kennen die Statistiken: Kinder, die ohne Vater aufwachsen, leben fünfmal häufiger in Armut und begehen häufiger Straftaten, brechen neunmal häufiger die Schule ab und landen zwanzigmal häufiger im Gefängnis. Das Fundament unserer Gesellschaft wird geschwächt.“ Doch dass Familien im Mittelpunkt der politischen Bemühungen stehen, ist Geschichte.
Als ob das nicht genug wäre, wird der Raum für Debatte und abweichende Meinung immer mehr eingeschnürt. Christliche Eltern, Unternehmer, Ärzte und Politiker erleben Einschränkungen, Verfolgung und handfeste Diskriminierungen, die sie nie für möglich gehalten hätten.
Drei mögliche Reaktionen
Was also ist unsere Reaktion darauf? Wir haben drei Möglichkeiten.
Die erste dieser Möglichkeiten ist so zu tun, als gäbe es kein Problem. Augen und Mund schließen, Ohren zuhalten, und sich vorstellen, alles wäre eitel Sonnenschein. Wie oft wurden ich und andere der Schwarzmalerei beschuldigt, weil wir auf die Entrechtung Ungeborener oder die Umgestaltung der Ehe hingewiesen haben. Mir wurde gesagt, als Christen sollten wir einfach etwas netter sein. Wobei mitschwingt, dass die Verteidigung der Schwächsten nicht nett ist, einfach weil sie nicht populär ist.
Die zweite Antwort ist das komplette Gegenteil, sie sagt „alles wird immer nur schlimmer“, „man kann nichts machen“ und versinkt in Selbstmitleid, Zynismus und Hoffnungslosigkeit. Anstatt die Augen zu verschließen, sieht diese Person alles – und steckt deswegen ihren Kopf in den Sand.
Der britische Theologe Carl Trueman schrieb genau deswegen einmal: „In vielen christlichen und konservativen Kreisen ist Jammern beliebt. …Aber Jammern bietet wenig und liefert noch weniger. Jede Zeit hat ihre Schwierigkeiten. Die Aufgabe des Christen ist es nicht, über die Zeit, in der er oder sie lebt, zu jammern, sondern ihre Probleme zu verstehen und angemessen auf sie zu reagieren.“
Hoffnungsfroher Einsatz
Statt zu jammern, sollten wir die dritte Reaktion wählen. Denn was wir tatsächlich brauchen, ist hoffnungsfroher Einsatz. Den eigenen Einsatz für das Gute mit der vertrauensvollen Hoffnung auf den zu verbinden, der als ewiger Fixpunkt alles in seiner Hand hält. Das ist nicht meine Erfindung. Paulus entwickelt diese Idee in seinem ersten Brief an die Gemeinde in Korinth:
„Gott aber sei Dank, der uns den Sieg geschenkt hat durch unseren Herrn Jesus Christus. Daher, meine geliebten Brüder und Schwestern, seid standhaft und unerschütterlich, seid stets voll Eifer im Werk des Herrn und denkt daran, dass im Herrn eure Mühe nicht vergeblich ist!“
Paulus spricht vom Sieg, obwohl er die meiste Zeit seines christlichen Lebens im Gefängnis verbracht hat. Seine Geschwister im Glauben wurden gemartert und lebendig verbrannt. Und doch fordert Paulus uns auf, standhaft und unerschütterlich zu sein. Nicht „einfach ignorieren was draußen abgeht.“ Oder verzweifeln, sich verstecken und zusammengekauert auf bessere Zeiten warten.
In Erwartung des endgültigen Sieges, können wir zuversichtlich und strategisch handeln. Unsere Mühen sind nicht vergeblich! Deswegen haben wir bei ADF International fünf strategische Erfolge, „Generationenerfolge“, formuliert. Wir arbeiten dafür, dass Religionsfreiheit für alle gilt, jeder Mensch frei reden kann, Ehe und Familie geschützt sind, jeder ein Recht auf Leben hat und Elternrechte garantiert sind.
Das klingt angesichts bestimmter kultureller und politischer Dynamiken für manche vielleicht übermäßig optimistisch oder sogar größenwahnsinnig. Und doch bin ich davon überzeugt, dass, wenn wir weder vor Problemen davonlaufen noch von ihnen überwältigt werden, dann können wir mit hoffnungsfrohem Einsatz einen großen Unterschied machen.