„Überglücklich!“: Kolumbianische YouTuberin gewinnt Zensurverfahren

  • Das kolumbianische Verfassungsgericht kippt das Zensurururteil gegen Kika Nieto, hebt das Urteil auf und weist die Klage ab
  • Das Gericht versäumt es, sich mit dem allgemeinen Problem zu befassen und die Redefreiheit zu bestätigen

KOLUMBIEN (18. November 2021) – Das Video, in dem die kolumbianische YouTuberin Kika Nieto ihre Überzeugungen über die Ehe mitteilte, hätte nicht zensiert werden dürfen – so entschied der Verfassungsgerichtshof Kolumbiens. Nachdem sich eine Aktivistin über ihre Aussage beschwert hatte, hatte ein nationales Gericht Nieto das Recht auf freie Meinungsäußerung verweigert, indem es sie anwies, das Video aus dem Jahr 2018 zu entfernen. Das Verfassungsgericht hat diese Entscheidung nun aufgehoben und die Klage abgewiesen. Nieto wurde somit von jeglichem Fehlverhalten freigesprochen. Trotz des Urteils zu ihren Gunsten äußerten die Anwälte Nietos ihre Enttäuschung darüber, dass das Gericht es versäumte, sich mit der grundlegenden Frage ihrer Meinungsfreiheit zu befassen.

„Niemand sollte zensiert werden und niemand sollte für die Äußerung seiner Überzeugungen strafrechtliche Sanktionen befürchten müssen. Gemeinsam mit Kika sind wir überglücklich, dass das Verfassungsgericht dieses Zensurururteil aufgehoben hat. Kika hat sich während dieser ganzen Tortur für die Freiheit aller eingesetzt, ihre Überzeugungen teilen zu dürfen. Obwohl Kika ihre Überzeugungen wieder frei äußern kann, ist es enttäuschend, dass das Gericht diesen Fall aus verfahrenstechnischen Gründen entschieden hat und es versäumt hat, sich mit der Kernfrage zu befassen und die Redefreiheit für alle Kolumbianer zu bestätigen. Alle sollten frei sein ihre Überzeugungen in der Öffentlichkeit zu teilen, und die Gerichte sollten diese grundlegende Freiheit schützen“, sagte Santiago Guevara, Anwalt von Nueva Democracia, einer NGO, die Nieto, mit Unterstützung von ADF International, vertrat.

„Indem ich meine Stimme erhebe, hoffe ich, zu mehr Toleranz gegenüber anderen Meinungen anzuregen“, sagte Kika Nieto im Vorfeld der Entscheidung.

 

Zensiert, weil sie christliche Überzeugungen teilte

Als Nieto die Frage eines Followers in einem YouTube-Video aus dem Jahr 2018 beantwortete, teilte sie ihre Überzeugungen über die Ehe, als Bund zwischen einem Mann und einer Frau, mit ihren Millionen von Followern. Sie sagte: „Ich hoffe wirklich, dass jeder, der sich dieses Video anschaut, weiß, dass nicht alle Menschen die gleiche Meinung haben – und das ist in Ordnung. Ich denke, dass Gott uns alle erschaffen hat und den Mann und die Frau geschaffen hat, damit der Mann mit der Frau und die Frau mit dem Mann zusammen ist, und das war’s. Was auch immer wir danach gemacht haben, als Mann mit Mann und Frau mit Frau, ich denke, es ist nicht richtig. Aber ich habe Freunde, die schwul sind, ich habe Freunde, die lesbisch sind, ich liebe sie von ganzem Herzen. Und wenn ich eines weiß, und da bin ich mir ganz sicher, dann ist es, dass Gott Liebe ist. Und er ruft mich auf, die Menschen zu lieben. Ohne sie zu verurteilen.“*

Tomás Henríquez, Direktor der Rechtsabteilung für Lateinamerika und die Karibik bei ADF International, einer Menschenrechtsorganisation, die den Fall von Kika Nieto unterstützt, erklärte: „Wenn wir eine freie Gesellschaft schätzen, ist der Schutz des Rechts auf freie Meinungsäußerung von größter Bedeutung. Wir begrüßen die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs, Nietos Zensurururteil aufzuheben. Wir bedauern jedoch, dass er sich nicht mit dem eigentlichen Problem der Zensur befasst und das Recht aller auf freie Meinungsäußerung bekräftigt hat. Wir müssen die Debatte immer der Zensur vorziehen. Letztlich leiden die Menschen und die Demokratie, wenn Stimmen zum Schweigen gebracht werden.“

 

Verfassungsgerichtshof bestätigte Nietos Redefreiheit in einem früheren Urteil

In einem früheren Fall, der sich auf dasselbe Video bezog, hatte das Verfassungsgericht erklärt, dass Nietos Aussagen zur Ehe verfassungsrechtlich geschützt seien. Ein anderer Aktivist hatte Nieto jedoch vor Gericht gebracht und sich darüber beschwert, dass dieselbe Äußerung über die Ehe beleidigend und diskriminierend sei. Eine vorhergehende Instanz befand, das Video enthalte „Hassreden“ und ordnete die Entfernung des Videos von YouTube an. Das Verfassungsgericht hat diese Entscheidung nun aufgehoben.

Mit Unterstützung von ADF International vertrat die kolumbianische NGO Nueva Democracia – eine zivilgesellschaftliche Plattform, die sich für Meinungsfreiheit und andere Grundrechte einsetzt – Nieto in diesem Fall.

*aus dem Spanischen übersetzt

Religiös Verfolgten hilft die Unterstützung durch internationale Medienöffentlichkeit und politische Einflussnahme

  • Menschenrechtsorganisation ADF International stellt sich erstmals in Deutschland vor und berichtet über aktuelle Fälle
  • Bundestagsabgeordneter und Menschenrechtsorganisation rufen zur Freilassung von pakistanischen Blasphemie-Angeklagten auf

BERLIN (16. November 2021) – Opfern von religiöser Verfolgung hilft die Unterstützung durch internationale Medienöffentlichkeit und politische Einflussnahme. Diese Erkenntnis hat die weltweit tätige Menschenrechtsorganisation Alliance Defending Freedom (ADF) International aufgrund einiger konkreter Fallbeispiele gewonnen. In einem Pressgespräch stellte sich ADF International erstmals in Deutschland vor und berichtete über konkrete Fälle in Deutschland und im Ausland.

So ging es primär um den Einsatz von ADF International in Süd-Asien zur rechtlichen Unterstützung von Menschen, die aufgrund ihres Glaubens verfolgt und eingesperrt werden. Der deutsche Bundestagsabgeordnete und Repräsentant des Stephanuskreises, Albert Stegemann (CDU), forderte zum Einsatz für Glaubensfreiheit auf und sprach sich im Rahmen des Pressegesprächs für die Freilassung eines aus religiösen Gründen inhaftierten Pakistanis aus.

“Alle Menschen haben das Recht, ihren Glauben frei zu wählen und zu leben“, so Tehmina Arora, Leiterin der Rechtsabteilung in Asien für ADF International: „Doch, obwohl das Recht auf Religionsfreiheit in Pakistan durch die Verfassung geschützt ist, sind viele Christen und Angehörige anderer religiöser Minderheiten schwerer Verfolgung und der Verweigerung ihrer Grundrechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit ausgesetzt. Blasphemie-Gesetze verstoßen unmittelbar gegen das Völkerrecht. Wir fordern daher alle Regierungen auf, die Durchsetzung ihrer Blasphemie-Gesetze einzustellen und deren Aufhebung einzuleiten.“ Sie erläuterte die aktuelle Situation und verwies auf Gerichtsfälle verfolgter Christen in Süd-Asien, darunter inhaftierte katholische Pakistanis.

Aufforderung für Gerechtigkeit für Opfer von Glaubensverfolgung

Im Rahmen der Veranstaltung sprach sich der deutsche Bundestagsabgeordnete Albert Stegemann für die Freilassung Stephen Masihs aus.

“Niemand sollte in der Angst leben müssen, wegen seiner Glaubensüberzeugungen getötet, inhaftiert oder unterdrückt zu werden. Das gemeinsame Engagement für religiös Verfolgte und Inhaftierte wird immer wichtiger. Der Stephanuskreis setzt sich seit vielen Jahren für Betroffene ein und möchte gemeinsam mit ADF International noch stärker auf deren Situation aufmerksam machen. Denn Glaubensfreiheit ist ein Menschenrecht”, so CDU-Abgeordneter Albert Stegemann.

Internationaler Druck verhilft Blasphemie-Angeklagten zur Freiheit

Es haben bereits einige Organisationen zur Freilassung Masihs aufgerufen, darunter die US Commission on International Religious Freedom (USCIRF). Am 21. Oktober appellierten UN-Experten, u.a. der UN-Sonderberichterstatter für Religions- oder Glaubensfreiheit, Ahmed Shaheed, dringend an Pakistan, Masih freizulassen. Masih befindet sich schon seit über zweieinhalb Jahren in Haft. Nach den Aufrufen wurde sein mehrfach aufgeschobener Gerichtstermin zur Anhörung weiterer Argumente in seinem Fall für den 29. November festgelegt. Das Urteil des Gerichts in seinem Fall steht noch aus.

Internationaler Druck hat sich für die Freilassung der Gefangenen in ähnlichen Fällen als effektiv erwiesen. Ein Beispiel ist der Fall von Shagufta und Shafqat. Das katholische pakistanische Ehepaar verbrachte sieben Jahre lang wegen einer falschen Blasphemie-Anklage im Todestrakt. Am 29. April 2021 verabschiedete das Europäische Parlament eine Resolution, die deren bedingungslose Freilassung forderte. Kurz darauf wurde das Todesurteil gegen das katholische Ehepaar aufgehoben und sie konnten im August in Europa in Sicherheit gebracht werden.

Religiöse Minderheiten leiden unter Pakistans Blasphemie-Gesetzen 

Auch Asia Bibi saß nach ihrer Blasphemie-Verurteilung neun Jahre lang im Gefängnis. Im Oktober 2018 wurde sie vom Obersten Gerichtshof freigesprochen. Anschließend sah sich Bibi jedoch Morddrohungen ausgesetzt und musste nach Kanada fliehen.

Der Staatsanwalt Ghulam Mustafa Chaudhry spielte eine führende Rolle in der Anklage gegen Bibi und vertrat den Geistlichen aus dem Dorf, der die Klage gegen sie eingereicht hatte. 2019 erklärte Herr Chaudhry gegenüber der BBC, dass internationaler Druck dazu geführt habe, dass höhere Gerichte Blasphemie-Verurteilte freisprachen.

Die Blasphemie-Gesetze umfassen die Paragraphen 295-A, B und C des pakistanischen Strafgesetzbuchs. Allerdings wird nur der Vorwurf der „Schändung des Namens“ Mohammeds (295-C) mit dem Tod bestraft. Bislang wurde noch niemand auf der Grundlage dieses Gesetzes hingerichtet. Doch einige Christen und Angehörige anderer religiöser Minderheiten wurden bereits zum Tode verurteilt und verbringen, wie z.B. Asia Bibi, Jahre in Todeszellen. 2020 meldete Pakistan 200 Blasphemie-Fälle, die höchste jährliche Zahl in der Geschichte des Landes.

Über ADF International  

Alliance Defending Freedom (ADF) International ist eine weltweit tätige Menschenrechtsorganisation mit Hauptsitz in Wien, die sich für die Freiheit und unveräußerliche Würde aller Menschen einsetzt. Sie unterhält Büros an den wichtigsten internationalen Institutionen, wie den Vereinten Nationen, dem Europarat, der Europäischen Union und der OSZE.  

Sie arbeitet mit einem weltweiten Netzwerk von mehr als 3.400 Anwälten und Experten, bildet sie aus und bietet mit ihrer Hilfe kostenlosen Rechtsbeistand bei Glaubensverfolgung, zum Schutz und zur Förderung des Rechtes auf Leben, der Familienrechte sowie der Meinungs- und Redefreiheit. Mehr Informationen finden Sie hier

Junaid Hafeez

  • Alter: 34
  • Muslim
  • Verhaftet seit: 13. März 2013
  • Verurteilt: Am 27. Dezember wurde Junaid Hafeez für schuldig befunden Blasphemie begangen zu haben und erhielt die Todesstrafe. ADF International unterstützt die Berufung des Falles.

Junaid Hafeez, Dozent an der Bahauddin-Zakariya-Universität in Multan, wurde im März 2013 verhaftet, nachdem eine Hardliner-Studentengruppe ihn beschuldigt hatte, Blasphemie begangen zu haben. Der Vorwurf geht auf einen angeblich blasphemischen Facebook-Post eines Facebook-Nutzers zurück, der angeblich mit Hafeez in Verbindung steht, und nicht auf Hafeez selbst. Außerdem wird ihm vorgeworfen, sich in Vorlesungen und Seminaren kritisch über den Islam geäußert zu haben.

Juristisch gesehen wird Hafeez vorgeworfen, den Propheten Mohammed, den Koran und den Islam zu lästern. Hafeez besteht darauf, dass er sich nie der Blasphemie schuldig gemacht habe und, dass der Fall Teil einer größeren Verschwörung sei, die darauf abziele, ihn von der Universität zu verweisen und die Meinungs-, Glaubens- und Weltanschauungsfreiheit anzugreifen. Hafeez befindet sich unter dem Vorwand seiner eigenen Sicherheit weiterhin in Einzelhaft in einem Hochsicherheitsgefängnis in Multan.

Im Dezember 2019 befand der Richter Hafeez der Blasphemie für schuldig (Todesstrafe). Sein Anwalt Asad Jamal legte im Januar 2020 Berufung gegen dieses Urteil ein. Der Anwalt plant, einen Antrag auf Verlegung des Berufungsverfahrens von Multan an den Hauptsitz in Lahore zu stellen; außerdem will er einen Antrag auf Aussetzung des Urteils und auf Freilassung auf Kaution stellen.

Foto Copyright: Foto der Familie, privat

Nadeem Samson

  • Alter: 45 (1976)
  • Denomination: Katholisch
  • Verhaftet seit: 24. November 2017
  • Land: Pakistan

Nadeem Samson wurde aufgrund einer Blasphemie-Anschuldigung verhaftet. Ihm wird vorgeworfen, ein gefälschtes Facebook-Konto des Beschwerdeführers mit dem Namen „Goga Abdul Haq“ eingerichtet zu haben, um blasphemisches Material in der Öffentlichkeit zu verbreiten und so das Leben des Beschwerdeführers und seiner Familie zu schädigen.

Der Fall befindet sich derzeit in der Verhandlungsphase. Ein muslimischer Anwalt hatte sich ursprünglich bereit erklärt, Nadeem zu vertreten, zog sich jedoch zurück, nachdem er Morddrohungen erhalten hatte. Der Anwalt sagt, dass Nadeems Leben in Gefahr ist. Er ist außerdem der Ansicht, dass die von der Polizei sichergestellten Telefon- und Computerdaten die Unschuld Nadeems beweisen werden.

Saif Ul Malook, ein Partneranwalt von ADF International, kümmert sich nun um den Fall und hat am 8. Juli 2021 einen Antrag auf Kaution beim Obersten Gerichtshof eingereicht.

 

Foto Copyright: Foto Jubilee Campaign

Stephen Masih

  • Alter: 44
  • Denomination: Katholisch
  • Verhaftet seit: März 2019
  • Land: Pakistan

Stephen Masih, ein Christ, der an einer geistigen Behinderung leidet, wurde am 11. März 2019 von einem muslimischen Nachbarn beschuldigt Blasphemie begangen zu haben. Der Grund für die falsche Anschuldigung war ein Streit zwischen Masih und der Frau des Nachbarn.  Masih wurde daraufhin verhaftet und gemäß Abschnitt 295-C des pakistanischen Strafgesetzbuchs wegen Blasphemie angeklagt. In Pakistan steht auf Blasphemie die Todesstrafe.

Masih befindet sich nun schon seit fast zwei Jahren im Gefängnis musste lange auf seinen Gerichtstermin warten, obwohl festgestellt wurde, dass er an einer bipolaren Störung leidet und daher nicht verhandlungsfähig ist.

Nach Masihs Blasphemie-Anklage, war seine Familie aus Angst um ihr Leben gezwungen umzuziehen, nachdem eine gewalttätige Gruppe ihr Haus niedergebrannt hatte.

Das Gericht lehnte einen Antrag auf Freilassung gegen Kaution ab, da sein Leben in der Öffentlichkeit „ernsthaft bedroht“ sei und die Gefahr der Flucht nicht ausgeschlossen werden könne. Es beschloss, den Prozess zu verschieben, bis Herr Masih „seine psychische Gesundheit wiedererlangt hat“.

Es haben bereits einige Organisationen zur Freilassung Masihs aufgerufen, darunter die US Commission on International Religious Freedom (USCIRF). Am 21. Oktober appellierten UNO Experten, u.a. der UN-Sonderberichterstatter für Religions- oder Glaubensfreiheit, Ahmed Shaheed, dringend an Pakistan, Masih freizulassen. Nach den Aufrufen wurde sein oftmals aufgeschobener Gerichtstermin zur Anhörung weiterer Argumente in seinem Fall für den 11. November festgelegt. Das Urteil des Gerichts in seinem Fall steht noch aus.

Foto Copyright: Foto der Familie, privat

Der Putsch im Sudan gefährdet die Religionsfreiheit

Sudan Christen

„Das sudanesische Militär, angeführt von General Abdel Fattah al-Burhan, hat die sudanesische Übergangsregierung gewaltsam übernommen und Premierminister Abdalla Hamdok unter Hausarrest gestellt. Nach fast zwei Jahren bedeutender Reformen im Bereich der Menschenrechte und der demokratischen Staatsführung hat der Staatsstreich das Potenzial, das Land zu destabilisieren. Insbesondere gefährdet der Putsch die historischen Fortschritte, die der Sudan in letzter Zeit beim Schutz der Religionsfreiheit gemacht hat. Er verheißt nichts Gutes für das übrige Afrika.“ Das schreibt Sean Nelson in Real Clear Religion. Lesen Sie den vollständigen Artikel hier (auf Englisch).