- Wer: Pavica Vojnović
- Woe: Germany, Verwaltungsgerichts Karlsruhe
- Team: Dr. Felix Böllmann, Lidia Rieder
Thema| Lebensschutz
Pavica Vojnović leitete in Pforzheim die Gebetsgruppe 40 Tage für das Leben. Zweimal im Jahr versammelt sich die Gruppe auf der gegenüberliegenden Straßenseite des pro familia Gebäudes, wo sowohl Schwangerschaftskonfliktberatungen als auch Abtreibungen durchführt werden. Dort wollen sie gemeinsam beten. Im Jahr 2019 wurde die Gebetsgruppe von der Stadt Pforzheim ausser Hör- und Sichtweite des Gebäudes von pro familia verbannt.
Mit der Hilfe eines Partneranwalts und von ADF International hat Pavica Vojnović bis vor dem Bundesverwaltungsgericht um ihr Recht auf Meinungsfreiheit gekämpft.
„Dieses Thema berührt mich sehr, denn ich habe viele Frauen, die ein Kind verloren haben, durch diesen Schmerz begleitet. Unsere Gesellschaft muss Müttern in solch schwierigen Situationen besser zur Seite stehen. Jedes Leben ist wertvoll und verdient Schutz. Ein einfaches Gebet für die Schutzbedürftigen kann doch wohl nicht verboten werden?“
– Pavica Vojnović
Zusammenfassung des Falls
Im Februar 2019 verbot die Stadt Pforzheim Pavica Vojnović und ihrer Gruppe 40 Tage für das Leben sich vor dem Gebäude der Abtreibungsorganisation pro familia zu versammeln. Als Grund gab die Stadt die angebliche Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Schwangeren an.
Mit der Hilfe unseres Partneranwalts, Tomislav Čunović, legte Pavica Widerspruch gegen das Verbot ein. Der Eilantrag wurde abgelehnt, woraufhin Čunović beim Verwaltungsgericht Karlsruhe eine Klage einreichte. Im Juni desselben Jahres reichte Čunović die Klagebegründung ein. Ab Mitte 2020 unterstützte ADF International den Fall.
Am 12. Mai 2021 wurde Pavica beim Verwaltungsgericht Karlsruhe in Pforzheim angehört, welches ihre Klage schließlich abwies. Daraufhin legte Tomislav Čunović einen Antrag auf Berufung beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (Mannheim) ein, der erst im November 2021 zugelassen wurde.
Das Gericht in Mannheim entschied im August 2022 im Berufungsverfahren, dass die Verbannung der Gebetsgruppe aus der Hör- und Sichtweite von pro familia rechtswidrig war, da keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit von der Versammlung ausging. Das Gericht hielt in seinem Urteil fest, dass die „Versammlungsfreiheit … für eine freiheitlich demokratische Staatsordnung konstituierend ist“.
Dagegen erhob die Stadt Pforzheim eine Beschwerde am Bundesverwaltungsgericht, die am 21. Juni 2023 zurückgewiesen wurde. Im Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts bekräftigen die Richter: „Aus der grundrechtlich verbürgten Versammlungsfreiheit folgt das Recht der Grundrechtsträger, insbesondere des Veranstalters, selbst über Ort, Zeitpunkt, Art und Inhalt der Versammlung zu bestimmen.“
Eine klare Absage erteilt das Gericht dem Verbot von Meinungen: „Erst recht ausgeschlossen sind Verbote zu dem Zweck, bestimmte Meinungsäußerungen ihres Inhalts wegen zu unterbinden“. Die Stadt Pforzheim hatte keine Möglichkeit mehr gegen den Beschluss vorzugehen und musste die Kosten des Verfahrens tragen.
Da es sich hier um das höchste Gericht in Verwaltungsangelegenheiten handelt, ist damit die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim rechtskräftig, und somit, der Erfolg für Pavica endgültig.
„Wirtschaftliche Eigeninteressen einer Organisation wie pro familia stehen nicht über dem Grundrecht der Versammlungs- und Meinungsfreiheit. Nachdem Gerichte in ganz Deutschland den Schutz für Meinungs-, Versammlungs- und Religionsfreiheit bestätigt haben, sollte auch in Berlin klar sein: Gebetsverbote und die Verbannung von Hilfsangeboten haben in einem freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat keinen Platz,“ sagte Dr. Felix Böllmann, deutscher Rechtsanwalt und Leiter der europäischen Rechtsabteilung von ADF International.
Zensurzonen eingeführt
Am 5. Juli 2024 beschloss der Bundestag durch die Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes die Einführung von Zensurzonen rund um abtreibungsbezogene Einrichtungen. „Nicht hinnehmbare Verhaltensweisen“ in einem Umkreis von 100 Metern können mit bis zu 5.000 Euro Bußgeld geahndet werden.
Unter „nicht hinnehmbare Verhaltensweisen“ versteht das Gesetz, eine Schwangere „erheblich unter Druck zu setzen oder sie mit unwahren Tatsachenbehauptungen oder verstörenden Inhalten zu konfrontieren“. Was genau als Druck, unwahr und verstörend definiert wird, ist unklar und unterliegt der Interpretation der jeweiligen Gerichte.
„Belästigung von Menschen in schwierigen Situationen ist selbstverständlich falsch und auch nach geltender Rechtslage verboten. Das geplante Gesetz ist unnötig. Einen Beleg dafür, dass „zunehmend Protestaktionen“ stattfinden oder „Schwangere gezielt in belästigender Weise angesprochen oder konfrontiert“ würden, blieb die Bundesregierung auch auf mehrfache Nachfrage schuldig. Verfassungsgüter wie das Recht auf Leben, die Meinungsäußerungsfreiheit oder die Glaubensfreiheit spielen keine Rolle“, so Dr. Felix Böllmann.
ADF International unterstützte in den letzten Jahren mehrere Menschen, die friedlich vor Abtreibungsberatungsstellen beteten. Das Urteil der Gerichte bis hin zum Bundesverwaltungsgericht fiel positiv aus: Gebetsversammlungen dürften nicht pauschal verboten werden.
„Wir stehen an der Seite von friedlichen Lebensschützern. Versammlungs-, Meinungs- und Religionsfreiheit kommen allen Menschen zugute. Lebensschützer müssen aber auch jetzt keine Angst haben, ihre Meinung zu äußern, zu beten oder Hilfe anzubieten. Das Gesetz ist vage formuliert und es wird viele Versuche geben es zu missbrauchen. Aber die Grundrechte gelten weiterhin – auch in der Nähe eine Abtreibungsorganisation,“ so Dr. Felix Böllmann weiter.
Mehr Informationen zu den Zensurzonen in Deutschland und Europa finden Sie in unserer FAQ hier.
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