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Russland sperrt Kirche zu – Gläubige feiern Gottesdienste im Zelt

  • Menschenrechtsorganisation bringt Klage gegen Russland bei Europas Höchstgericht ein
  • Christliche Gemeinde muss sich in Zelt treffen, weil russische Behörden Kirchennutzung verbieten

STRASSBOURG (28. April) – Eine christliche Kirche klagt vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) gegen Russland. Jegliche Nutzung ihres Kirchengebäudes wurde gerichtlich untersagt. Die Gemeinde muss sich in einem Zelt zum Gottesdienst versammeln. Schon seit 20 Jahren versuchen die örtlichen Behörden, das Grundstück der Word of Life Church in Kaluga bei Moskau zu enteignen. Die weltweit tätige Menschenrechtsorganisation ADF International klagt Russland bei Europas Höchstgericht in Straßburg. Dessen Urteile wirken sich auf mehr als 800 Millionen Europäer in 47 Ländern, einschließlich Russland, aus.

„Niemand darf wegen seines Glaubens verfolgt werden. Den Glauben in Gemeinschaft auszuleben ist ein Grundrecht, das immer häufiger verletzt wird. Die Behörden in Kaluga legen der christlichen Minderheit bereits seit mehr als 20 Jahren eine bürokratische Hürde nach der anderen in den Weg. Das aktuelle Verbot der Nutzung des Kirchengebäudes geht noch einen Schritt weiter und verletzt das Recht auf freie Religionsausübung. Wir hoffen, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte diesen Fall anhören und damit ein wichtiges Zeichen für die Religionsfreiheit und kirchliche Autonomie in Russland setzen wird“, sagte Lidia Rieder, Juristin bei ADF International.

 

Christliche Gemeinde muss sich in Zelt versammeln  

ADF International brachte bereits im Oktober letzten Jahres eine Klage im Namen der Kirche ein und kritisierte darin, dass die örtlichen Behörden das Gebäude nicht als Eigentum der Kirche anerkennen. Nun richtet sich ein zweiter Antrag gegen das absolute Verbot der Nutzung des Kirchengebäudes. Dieses Verbot hatte ein russisches Gericht im März 2020 verhängt und wurde erst kürzlich vom Obersten Gerichtshof Russlands bestätigt. Dies ist nur einer von vielen Fällen, in denen russische Behörden lokale Gesetze für die Unterdrückung religiöser Minderheiten missbrauchen.

Die evangelikale Kirche Word of Life kaufte das Grundstück im Jahr 2000, um es zu einem Versammlungsort für ihre Gemeinde zu nutzen. Obwohl alle gesetzlichen Anforderungen erfüllt  und die bauliche Sicherheit durch mehrere Gutachten bestätigt wurde, behaupteten die russischen Behörden, dass Veränderungen am Gebäude ohne Genehmigung durchgeführt worden waren. Sie weigerten sich, das Kirchengebäude als Eigentum der Gemeinde anzuerkennen und untersagten im März 2020 jegliche Nutzung des Gebäudes.

Derzeit muss sich die Gemeinde in einem Zelt auf dem Grundstück außerhalb ihres Gebäudes treffen. In beiden Anträgen an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte argumentiert ADF International, dass die Grundrechte auf Religions- und Versammlungsfreiheit verletzt wurden. Die Gläubigen können sich nicht in ihrem Kirchengebäude treffen, um gemeinsam Gottesdienst zu feiern.

 

Religionsfreiheit in Russland in Gefahr 

Die US-Kommission für internationale Religionsfreiheit (USCIRF) nahm Russland erst vor kurzem in ihre Liste der „besonders besorgniserregenden Staaten“ auf. Laut dem Jahresbericht der Kommission für 2020 führt die Polizei Razzien in Privathäusern und Gotteshäusern durch. Religiöse Minderheiten berichten, dass lokale Behörden Anti-Extremismus-Gesetze dazu missbrauchen, um religiöse Texte auf die staatliche Liste der verbotenen Bücher zu setzen. Die Behörden hindern religiöse Gemeinschaften auch daran, Land zu erwerben und verweigern ihnen Baugenehmigungen für Kirchen.

Von ähnlichen Problemen berichten auch Pastor Vitaliy Bak und seine Baptistengemeinde in der südrussischen Stadt Verkhnebakansky. Sie nutzten im Einklang mit der bestehenden Gesetzeslage ein privates Haus für Gottesdienste, bis ihnen dies eines Tages von den örtlichen Behörden verboten wurde. ADF International reichte daraufhin im Dezember 2019 Klage beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ein. Inmitten der Pandemie beantragte die Stadtverwaltung beim Amtsgericht in Noworossijsk, den Abriss des Hauses – in dem auch mehrere Menschen leben – anzuordnen, nur weil dort Gottesdienste abgehalten wurden.

„Jeder Mensch hat das Recht, seine Religion frei wählen zu dürfen und sie allein oder mit anderen, in der Öffentlichkeit oder privat auszuüben. Mit der Ratifizierung der Europäischen Menschenrechtskonvention hat Russland zugestimmt, für seine Verletzungen der Menschenrechte zur Verantwortung gezogen werden zu können. Religionsfreiheit wird nicht nur durch die Konvention geschützt, sondern ist auch ein wichtiges Indiz für die Stärke einer Demokratie. Wir hoffen, dass der Gerichtshof die Fälle der Kirche in Kaluga sowie den von Pastor Bak zulassen wird“, sagte Robert Clarke, stellvertretender Geschäftsführer von ADF International.

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