EIL: Fall der Finnischen Abgeordneten kommt an den Höchsten Gerichtshof – Räsänen für Bibel-Tweet angeklagt 

  • Zum dritten Mal muss sich die Abgeordnete Päivi Räsänen für ihren Tweet mit Bibelvers vor Gericht verantworten – der Fall kommt ans Höchstgericht 
  • Die Staatsanwaltschaft fordert eine Geldstrafe in Höhe von mehreren zehntausend Euro und die Zensur des Tweets  
  • ADF International unterstützt die Verteidigung von Räsänen seit mehr als vier Jahren: „Wir gehen mit ihr zum Obersten Gerichtshof“ (Paul Coleman).  

HELSINKI (19. April 2023) – Das finnische Höchstgericht wird über den Fall von Päivi Räsänen und Bischof Juhana Pohjola entscheiden. Die Abgeordnete Räsänen ist für einen Tweet mit Bibelversen angeklagt. Ein weiterer Anklagepunkt ist eine Broschüre zur christlichen Sicht auf Ehe und Familie, die sie gemeinsam mit Bischof Pohjola herausgegeben hatte.  

Noch ist kein Gerichtstermin bekannt, das Höchstgericht hat allerdings bestätigt, den Fall nach dem Revisionsantrag der Staatsanwaltschaft zur Entscheidung anzunehmen. Räsänen, die Großmutter von elf Enkeln, Ärztin und Parlamentsabgeordnete seit mehr als 25 Jahren, muss also wieder vor Gericht.  

„Ich bleibe gelassen und bin bereit, die Meinungs- und Religionsfreiheit auch vor dem Obersten Gerichtshof zu verteidigen. Wenn nötig, gehe ich auch zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte,“ sagte Räsänen.  

Nach zwei eindeutigen Freisprüchen der Vorinstanzen waren Beobachter erstaunt, dass die Staatsanwaltschaft den Fall überhaupt zum Obersten Gerichtshof bringen wollte.  

“Es ist alarmierend, dass die Staatsanwaltschaft weiter gegen Räsänen vorgehen will.“

„Ein Freispruch durch den Obersten Gerichtshof würde einen stärkeren rechtlichen Präzedenzfall für die Meinungs- und Religionsfreiheit schaffen. Das wäre dann die Vorgabe für den Umgang mit ähnlichen Anklagen in der Zukunft. Es würde die Freiheit der Christen, über die Lehren der Bibel zu sprechen, stärker absichern. Das Urteil des Obersten Gerichtshofs würde sich auch auf die Gesetzgebung in Europa auswirken und die Urteile anderer Gerichte in Europa beeinflussen,“ so Räsänen weiter. 

Zwei Freisprüche waren nicht genug 

„Es ist alarmierend, dass die Staatsanwaltschaft weiter gegen Räsänen vorgehen will. Die Urteile des Bezirks- und Berufungsgerichts waren eindeutig und einstimmig. Menschen jahrelang vor Gericht zu zerren, sie stundenlangen polizeilichen Verhören zu unterziehen und dabei Steuergelder zu verschwenden, hat in einer freien Gesellschaft keinen Platz,“ sagte Paul Coleman, Geschäftsführer von ADF International und Teil der rechtlichen Verteidigung Räsänens.  

Dr. Felix Böllmann, deutscher Anwalt bei ADF International, sagte: „Deutschland sollte sehr genau auf diesen Fall schauen. Denn auch hierzulande werden Glaubensüberzeugungen zunehmend kriminalisiert. Damit wächst die Gefahr, dass die staatliche Justiz missbräuchlich zum Austragungsort für weltanschauliche Auseinandersetzungen gemacht wird. Solchen Tendenzen ist entschieden entgegenzutreten.“  

13 Stunden Polizeiverhöre zu biblischen Überzeugungen  

Die polizeilichen Ermittlungen gegen Räsänen begannen im Juni 2019. Als aktives Mitglied der finnischen lutherischen Kirche hatte sie sich auf Twitter/X an die Leitung ihrer Kirche gewandt und deren offizielle Unterstützung der LGBT-Veranstaltung „Pride 2019“ in Frage gestellt, begleitet von einem Bild mit Bibelversen aus dem neutestamentlichen Römerbrief (Röm 1,24-27). Daraufhin wurden weitere Ermittlungen gegen Räsänen eingeleitet, die auf eine Broschüre zurückgehen, die Räsänen vor fast 20 Jahren verfasst hatte.  

Diese Broschüre („Als Mann und Frau schuf Er sie“) wurde dann von Juhana Pohjola veröffentlicht. Darum steht auch der Bischof vor Gericht.  

Über mehrere Monate hinweg musste Räsänen insgesamt dreizehn Stunden lang polizeiliche Verhöre über ihren christlichen Glauben über sich ergehen lassen – unter anderem wurde sie mehrfach von der Polizei aufgefordert, ihr Bibelverständnis zu erklären.     

Das Bibel-Tweet-Verfahren    

Nach Abschluss sah die Polizei keinen hinreichenden Grund für die Erhebung einer Anklage. Aber im April 2021 erhob die finnische Generalstaatsanwältin dennoch Anklage mit drei separaten Anklagepunkten gegen Räsänen wegen „Aufwiegelung gegen eine Minderheit“. Die Anklage fällt im finnischen Strafgesetzbuch unter den Abschnitt „Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit“. Räsänen und Bischof Pohjola mussten sich am 24. Januar und 14. Februar 2022 zwei Tage lang vor dem Bezirksgericht Helsinki verantworten. Die Bibel stand im Mittelpunkt des Prozesses, als die Staatsanwältin zu Beginn des Tages Bibelverse vortrug, an denen sie etwas auszusetzen hatte.   

Am 30. März 2022 sprach das Bezirksgericht Helsinki die Angeklagten einstimmig frei mit der Begründung, dass es nicht Sache des Bezirksgerichts sei, biblische Begriffe zu interpretieren. Die Staatsanwaltschaft legte daraufhin im April 2022 Berufung gegen das “nicht schuldig“ Urteil ein. Der Fall wurde dann vom 31. August bis 1. September 2023 vor dem Berufungsgericht in Helsinki verhandelt. Am 14. November 2023 bestätigte das Gericht den Freispruch von Räsänen und Pohjola.     

Räsänen ist seit 1995 Mitglied des finnischen Parlaments. Von 2004-2015 war sie Vorsitzende der Christdemokraten und von 2011-2015 war sie Innenministerin. In dieser Zeit war sie für die kirchlichen Angelegenheiten in Finnland zuständig.

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Meinungsfreiheit bestätigt: Belgisches Gericht kippt per Eilentscheidung Verbot für konservative Konferenz „NatCon“

  • Die Konferenz mit vielen bekannten Gästen wie Kardinal Ludwig Müller, Premierminister Viktor Orban, britische Außenministerin a.D. Suella Braverman und vielen anderen wurde gestern verboten.
  • Die Polizei umstellte den Veranstaltungsort und hinderte Redner und Teilnehmer am Zutritt.
  • Das Verbot aufgrund der „ethisch konservativen“ Sicht der Teilnehmer auf Abtreibung, Ehe und die EU wurde in einem Eilverfahren letzte Nacht mit Unterstützung von ADF International gekippt.  

Brüssel (17. April 2024) – Das höchste belgische Verwaltungsgericht (Conseil d’État) urteilte in der Nacht auf Mittwoch, dass die „NatCon“, die Konferenz für nationalen Konservatismus, stattfinden darf. Gestern wurde die Konferenz von den Behörden um 12:00 abgebrochen, der Veranstaltungsort von der Polizei umstellt und der Zutritt jeglicher Personen verhindert.

Mit Unterstützung durch ADF International klagten die Organisatoren gegen das Verbot. Im Urteil entschied das Gericht: „Artikel 26 der [belgischen] Verfassung gewährt jedem das Recht, sich friedlich zu versammeln“. Obwohl der Bürgermeister grundsätzlich befugt ist, im Falle einer „schwerwiegenden Störung des öffentlichen Friedens oder anderer unvorhergesehener Ereignisse“ polizeiliche Anordnungen zu treffen, war das Vorgehen in diesem Fall ungerechtfertigt.

“Die Art von autoritärer Zensur, die wir gerade erlebt haben, gehört zu den schlimmsten Kapiteln der europäischen Geschichte. Glücklicherweise hat der Gerichtshof schnell gehandelt.“

Das Gericht begründete dies damit, es sei unmöglich, „dass der Konferenz selbst eine friedensstörende Wirkung zugeschrieben wird.“ Vielmehr, so heißt es in der Entscheidung, „scheint die Bedrohung der öffentlichen Ordnung allein aus den Reaktionen abgeleitet zu sein, die die Organisation bei den Gegnern hervorrufen könnte.“

„Dunkler Fleck in der Geschichte der europäischen Demokratie“

Paul Coleman, Leitender Anwalt und Geschäftsführer bei ADF International sollte auch bei der Konferenz sprechen. Er sagte: „Indem das Verwaltungsgericht die Fortsetzung der Konferenz erlaubt hat, hat es sich auf die Seite der Menschenrechte geschlagen. Zwar haben gesunder Menschenverstand und Gerechtigkeit gesiegt, aber was gestern geschah, ist nichtsdestotrotz ein dunkler Fleck in der Geschichte der europäischen Demokratie. Kein Amtsträger sollte die Macht haben, eine freie und friedliche Versammlung zu unterbinden, nur weil er mit dem, was gesagt wird, nicht einverstanden ist.

Die Art von autoritärer Zensur, die wir gerade erlebt haben, gehört zu den schlimmsten Kapiteln der europäischen Geschichte. Glücklicherweise hat der Gerichtshof schnell gehandelt, um die Unterdrückung der Grundrechte auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit zu verhindern und damit diese wesentlichen Merkmale der Demokratie für einen weiteren Tag zu schützen.“

Schließung aufgrund von „ethisch konservativen“ Ansichten der Teilnehmer

Die Anweisung des Bürgermeisters, die Konferenz zu beenden und zu schließen gründete auf seiner persönlichen Einschätzung: NatCons „Vision ist nicht nur ethisch konservativ (z. B. Ablehnung der Legalisierung von Abtreibung, gleichgeschlechtlichen Partnerschaften usw.), sondern auch auf die Verteidigung der „nationalen Souveränität“ ausgerichtet, was unter anderem eine „euroskeptische“ Haltung impliziert“.

Weiter sprach die Anweisung davon, dass einige Redner „als Traditionalisten gelten“ und die Konferenz „zur Vermeidung vorhersehbarer Angriffe auf die öffentliche Ordnung und den Frieden“ verboten werden muss.

Belgischer Premierminister verurteilt Brüsseler Vorgehen

Schon vor der Gerichtsentscheidung verurteilte der belgische Premierminister das Handeln der Brüsseler Behörden auf X: „Was heute im Claridge passiert ist, ist inakzeptabel. Die Gemeindeautonomie ist ein Eckpfeiler unserer Demokratie, kann aber niemals die belgische Verfassung außer Kraft setzen, die seit 1830 die Rede- und Versammlungsfreiheit garantiert. Das Verbot politischer Versammlungen ist verfassungswidrig. Punkt.“

Schon vorher war die Konferenz von zwei Hotels nach politischem Druck verbannt worden. Schließlich fand die Veranstaltung in unmittelbarer Nähe des Europäischen Viertels statt.

Emir Kir, der Bürgermeister des Brüsseler Stadtteils Saint-Josse-ten-Noode, der für die Schließung der Veranstaltung durch die Polizei verantwortlich war, beschwerte sich, dass auf der Konferenz Persönlichkeiten der „konservativen, religiösen Rechten“ zu Gast waren. Kir selbst wurde im Januar 2020 aus der Sozialistischen Partei Belgiens (PS) ausgeschlossen, weil er sich mit Mitgliedern „rechtsextremer“ politischer Organisationen getroffen hatte, die die AKP-Regierung in der Türkei unterstützen, die wiederum für die Einschränkung der Religionsfreiheit und die Ausweisung christlicher Einwohner aus dem Land verantwortlich ist. 

„Es ist eine Schande“

Der belgische Anwalt Wouter Vaassen aus ADF Internationals Partnernetzwerk reichte den Eilantrag mit Unterstützung von ADF International beim Gericht ein. Mit Blick auf die Entscheidung kommentierte er:  

„Wir sind sehr erleichtert, dass das Verwaltungsgericht dem ungerechtfertigten Versuch, die Konferenz zu schließen, ein Ende gesetzt hat. Das hätte jedoch niemals geschehen dürfen, insbesondere nicht in Brüssel, dem politischen Herzen Europas. 

Der freie und friedliche Gedankenaustausch und das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit sind Markenzeichen eines demokratischen Europas. Es ist eine Schande, dass ein derartiger Rechtsstreit geführt werden musste, nur um eine friedliche Konferenz abhalten zu können. Wir müssen die Grundfreiheiten sorgfältig schützen, damit Zensur nicht zur Norm in unseren angeblich freien Gesellschaften wird.“

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