- Die Dietrich Bonhoeffer International Schule in Baden-Württemberg wurde nach 9 Jahren erfolgreichem Schulbetrieb mit einem preisgekrönten pädagogischen Modell zwangsgeschlossen.
- Mit Verbot und Einschränkung alternativer Bildungskonzepte wie Haus- und Hybridschulen verstößt Deutschland gegen internationales Recht.
- Zwei Partnerschulen der zwangsgeschlossenen Schule wurde zudem von Behörden die Genehmigung verweigert. ADF International klagt wegen Verletzung der Bildungsfreiheit am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.
Laichingen/Wien (19. Oktober 2023) – Das Regierungspräsidium Tübingen für Bildung und Schule hat eine christliche Schule zwangsweise geschlossen. Die Dietrich Bonhoeffer Internationale Schule (DBIS), eine innovative Hybridschule, verband in ihrem preisgekrönten pädagogischen Modell Lernen in der Klasse (Präsenztage) mit virtuellem, computergestütztem Unterricht und eigenverantwortlichem Lernen zu Hause.
In einem Brief an den Anwalt der Schule, ordnet die Behörde die „sofortige Vollziehung der Untersagung“ an. Die Schule muss zudem 600€ zahlen. Eine Eilklage gegen die Schließung läuft. Die Behörde schreibt weiter: „Die Untersagung … dient dem Schutz des staatlichen Erziehungsauftrags“. In der DBIS würde der „staatliche Erziehungsauftrag … vollständig verdrängt“. Dazu muss die Schule ihren Internetauftritt aufgeben, da die Website „Werbung für den unzulässigen Ersatzschulbetrieb“ darstellt.
„Eltern sind die erste Instanz für die Erziehung ihrer Kinder. Und Eltern haben das international verankerte Recht, die Art der Bildung zu wählen, die für ihre Kinder am besten ist. Dazu können auch innovative Ansätze wie Hybridschulen gehören. Deutschland hat eines der restriktivsten Bildungssysteme der Welt. Die Leidtragenden sind die Kinder und ihre Familien, deren langjährige und geschätzte Schule zur Schließung gezwungen wurde,“ sagte der deutsche Rechtsanwalt Dr. Felix Böllmann, Leiter der europäischen Rechtsabteilung bei ADF International. Böllmann hatte auch die Klage bezüglich der Nichtgenehmigung der Partnerschulen beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) eingereicht.
Erfolgreiche und innovative Hybridschule eingeschränkt und geschlossen
Der Landesverband für dezentrales Lernen betrieb die DBIS 9 Jahre lang als „Ergänzungsschule“. Im deutschen Schulsystem benötigen Einrichtungen, die als Ergänzungsschulen eingestuft werden, keine Zulassung. Dennoch musste die Schule nun schließen.
Die DBIS kombinierte Lernen im Klassenverband mit digitalem online-Unterricht. Der Notendurchschnitt der Schüler an der DBIS, lag seit 2013 bei 2,1. Die eingesetzten Lehrkräfte hatten eine staatliche Lehrerlaubnis. Die Gleichwertigkeit der Ausbildung stand damit fest.
„Kinder haben ein Recht auf erstklassige Bildung. Als Privatschule konnten wir Familien ein Bildungsangebot machen, das auf die individuellen Lernbedürfnisse der Kinder eingegangen ist. Ich bin traurig, dass die Schüler und Lehrer unsere Schulgemeinschaft verlassen mussten,“ sagte Schulleiter Jonathan Erz.
Weitere Schulen abgelehnt – Verfahren beim EGMR anhängig
Seit 2014 hat der Schulträger wiederholt die Genehmigung für zwei weitere Hybridschulen beantragt, die auf demselben pädagogischen Modell aufbauen. Dabei handelte es sich um „Ersatzschulen“ die eine offizielle Genehmigung benötigen, damit Kinder sie anstelle einer staatlichen Schule besuchen können.
Nach einer Klage erkannten die Verwaltungsgerichte zwar das zufriedenstellende Bildungsniveau an, kritisierten aber, dass die Schule den staatlichen Erziehungsauftrag nicht erfülle. Die Kinder würden aufgrund des eigenständigen Lernens zu wenig Zeit auf dem Pausenhof und zwischen den Unterrichtsstunden verbringen. Am 2. Mai 2023 reichte ADF International darum wegen Verletzung der Bildungsfreiheit eine Klage beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ein.
Böllmann weiter: „Wir hoffen, dass der EGMR diese Gelegenheit nutzt, um der Schule, ihren Schülern, Eltern und den Lehrkräften Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Eine Reform der Bildungsfreiheit in Deutschland ist überfällig.“
„Wir hoffen, dass Europas oberstes Menschenrechtsgericht diesen Fall aufgreift und anerkennt, dass unsere Ersatzschulen durch moderne Technologie, Eigenverantwortung der Schüler und wöchentliche Anwesenheitsstunden eine innovative und qualitativ hochwertige Bildung bieten können. Unsere Schule erfüllt den Bildungsauftrag – wir erziehen die Kinder zu verantwortungsvollen demokratischen Bürgern“, so Erz weiter.
Recht auf Bildung von Privatschule verletzt
Nicht nur das deutsche Grundgesetz (Artikel 7), sondern auch die internationalen Menschenrechte garantieren das Recht auf Errichtung von Privatschulen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte nennt Privatschulen als eine der Garantien für eine pluralistische Gesellschaft (B.N. and S.N. v Sweden).
„Während der Corona Lockdowns waren alle Schüler auf digitale Bildungswege angewiesen. Fernschulen haben seit Jahrzehnten positive Erfahrung mit virtuellen Klassenräumen. Schon 1991 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass Fernschulen, die über Rundfunk unterrichten, staatliche Zeugnisse ausstellen dürfen. Ein komplettes Verbot von selbstständigen und digital gestützten Lernangeboten ist deswegen komplett aus der Zeit gefallen. Mehr Flexibilität und Bildungsfreiheit täte dem deutschen Schulsystem und seinen Schülern gut. Deswegen unterstützen wir die Privatschule jetzt vor Gericht,“ sagte Dr. Felix Böllmann, Leiter der europäischen Rechtsabteilung von ADF International.