- EU-Abgeordnete, Aktivisten und Überlebende warnen vor zunehmender antichristlicher Gewalt in Südasien
- Vortragende fordern stärkere Maßnahmen der EU angesichts zunehmender Angriffe in Indien, Pakistan und Nachbarländern
BRÜSSEL (5. Dezember) – EU-Abgeordnete, Menschenrechtsaktivisten und Betroffene von Verfolgung versammelten sich am 4. Dezember im Europäischen Parlament, um auf die wachsende Gewalt und Diskriminierung aufmerksam zu machen, denen Christen in Südasien ausgesetzt sind.
Die Veranstaltung „Gezielte Gewalt gegen Christen in Südasien“ wurde von den EU-Abgeordneten Matej Tonin (EVP) und Bert-Jan Ruissen (EKR) ausgerichtet und von ADF International organisiert. Die Podiumsdiskussion brachte Augenzeugen und Experten zusammen, um politische Entscheidungsträger über die dringende Notwendigkeit eines stärkeren Engagements der EU für die Religions- und Glaubensfreiheit zu informieren.
„Christen sind in ganz Südasien wegen ihres gelebten Glaubens Gewalt, Einschüchterung und wachsender Ausgrenzung ausgesetzt. Die EU muss den Schutz religiöser Minderheiten zu einer Priorität ihrer Außenpolitik macht.”
- Tehmina Arora, Direktorin der Rechtsabteilung in Asien bei ADF International
„Zwei Angriffe pro Tag“: Alarmierender Anstieg an Gewalt in Indien
Die Vortragenden hoben die dramatische Eskalation gezielter Angriffe auf Christen in Indien hervor. Nach Angaben des United Christians Forum wurden allein zwischen Januar und Oktober 2025 mehr als 600 Gewalttaten dokumentiert (durchschnittlich zwei Angriffe pro Tag), darunter Massenangriffe, öffentliche Demütigungen, Störung von Gottesdiensten und Zerstörung von Häusern.
Zwölf indische Bundesstaaten setzen derzeit Anti-Konversionsgesetze durch, die häufig dazu dienen, friedliche religiöse Aktivitäten zu bedrohen und zu kriminalisieren. Dieses Jahr wurden 123 Strafanzeigen – sogenannte FIRs (First Information Reports, also polizeiliche Erstmeldungen zu strafbaren Handlungen) – gegen Christen eingereicht, und im ganzen Land befinden sich mehrere Gläubige weiterhin in Haft.
„Christen in Indien werden nicht wegen Verbrechen oder Fehlverhalten bestraft, sondern einfach nur dafür, dass sie sich versammeln, beten oder ihren Nachbarn helfen“, erklärte Arora und legte dokumentierte Zeugenaussagen aus den am stärksten betroffenen Regionen Indiens vor. „Sogar der Oberste Gerichtshof Indiens hat kürzlich festgestellt, dass die Anti-Konversionsgesetze missbraucht werden, um Christen zu Unrecht strafrechtlich zu verfolgen.“
Pakistan: Blasphemie-Gesetze ermöglichen weit verbreiteten Missbrauch
Das Gremium warnte auch vor Pakistans Gebrauch und Missbrauch einiger der weltweit strengsten Blasphemie-Gesetze, darunter Bestimmungen, die eine obligatorische Todesstrafe vorsehen. Allein im Jahr 2024 wurden 344 neue Fälle von Blasphemie registriert. Viele davon wurden durch falsche oder erzwungene Anschuldigungen in den sozialen Medien ausgelöst, und sind unverhältnismäßig häufig gegen Christen gerichtet.
Falsche Anschuldigungen führen auch weiterhin zu gewalttätigen Ausschreitungen. Die Vortragenden verwiesen auf die Anschläge von Jaranwala im Jahr 2023, bei denen mehr als zwei Dutzend Kirchen niedergebrannt wurden, und auf den Lynchmord an dem 74-jährigen Christen Lazar (Nazir) Masih in Sargodha im Jahr 2024.
„Es ist dringend nötig, die Verfahren rund um die Blasphemie-Gesetze zu verbessern, um falsche Anschuldigungen zu verhindern, die immer wieder zu Angriffen auf christliche Viertel und auf Menschen geführt haben, die sowohl der Minderheit als auch der Mehrheit angehören. Da solche Taten kaum verfolgt werden, haben die Tätern das Gefühl, ungestraft davonzukommen. Polizei und Justiz müssen daher sicherstellen, dass alle Beteiligten zur Verantwortung gezogen werden“, sagte Journalist Asher John.
Shagufta Kausar, eine Überlebende des pakistanischen Blasphemie-Systems, deren Fall zuvor Gegenstand einer Dringlichkeitsentschließung im Europäischen Parlament war, teilte ihre eigene Erfahrung mit und forderte die politischen Entscheidungsträger der EU auf, wachsam zu bleiben:
„Wenn die internationale Gemeinschaft nicht handelt, werden weiterhin unzählige unschuldige Menschen unter Gesetzen leiden, die dazu dienen, die Schwächsten zum Schweigen zu bringen und zu beseitigen.“
Das pakistanische Christenpaar Shagufta und Shafqat verbrachte sieben Jahre aufgrund falscher Blasphemie-Vorwürfe in der Todeszelle. Anfang Juni 2021 hob der Oberste Gerichtshof von Lahore das Todesurteil auf. Mit Unterstützung von ADF International konnten die vierfachen Eltern sicher nach Europa fliehen, nachdem sie nach ihrem Freispruch Morddrohungen erhalten hatten.
Sehen Sie sich hier einen Dokumentar Film (in englischer Sprache) über die Tortur von Shagufta und Shafqat an.
Zwangsheirat und Konvertierung
Mehrere Berichte von zivilgesellschaftlichen Organisationen und regierungsnahen Stellen belegen, dass Zwangskonversionen und Zwangsehen unverhältnismäßig häufig hinduistische und christliche Mädchen und junge Frauen betreffen, insbesondere in den Provinzen Sindh und Punjab.
„Trotz des heftigen Widerstandes religiöser Gruppen haben die Bundesregierung und die Provinzregierung von Belutschistan mutig die Initiative ergriffen und das gesetzliche Heiratsalter für beide Geschlechter auf 18 Jahre angehoben. Ein entsprechender Gesetzentwurf liegt seit April 2024 auch der Provinzversammlung von Punjab zur Entscheidung vor. Ich bin zuversichtlich, dass wir nach seiner Verabschiedung einen rechtlichen Schutz gegen die Zwangskonvertierung minderjähriger christlicher Mädchen haben werden, da Konversion und islamische Eheschließung von Tätern häufig als Deckmantel für sexuelle Übergriffe genutzt werden“, sagte Ijaz Masih, ehemaliger Minister für Menschenrechte und Angelegenheiten für Minderheiten in Punjab und derzeitiges Mitglied der Punjab-Versammlung.
Regionaler Rückgang: Nepal, Bangladesch und Sri Lanka verschärfen Beschränkungen
Über Indien und Pakistan hinaus wiesen die Vortragenden auf den zunehmenden Druck auf die Religionsfreiheit in den Nachbarländern hin. In Sri Lanka führte der wachsende religiöse Nationalismus im Jahr 2025 zu mindestens 39 Fällen von Drohungen, Einschüchterungen oder Störungen von Gottesdiensten – darunter Proteste buddhistischer Mönche, die christliche Gottesdienste verhinderten. In Nepal haben die Behörden die Überwachung christlicher Aktivitäten verstärkt: Ausländische Missionare werden verhaftet und ausgewiesen, und Bezirksverwaltungen erhalten Anweisungen, religiöse Versammlungen zu kontrollieren. Auch in Bangladesch kommt es weiterhin zu gezielten Angriffen und Schikanen, besonders in ländlichen Regionen, in denen Christen kaum geschützt werden.
Die EU ist aufgefordert, konkrete Maßnahmen zu ergreifen
Im Mittelpunkt der Diskussion stand die Frage, wie die EU-Institutionen ihre diplomatischen, politischen und wirtschaftlichen Instrumente – darunter Menschenrechtsdialoge, Entwicklungszusammenarbeit und handelspolitische Konditionalitäten – wirksam einsetzen können, um systematische Verstöße gegen die Religionsfreiheit zu bekämpfen.
„Die Europäische Union verfügt sowohl über das Mandat als auch über die notwendigen Mittel, um zu handeln. Sie sollte ihre Anstrengungen zum Schutz der Religions- und Glaubensfreiheit weltweit nicht nur fortführen, sondern weiter verstärken. Die Wiederernennung eines Sonderbeauftragten für die Förderung der Religions- und Glaubensfreiheit außerhalb der EU ist heute wichtiger denn je”, erklärte Arora.
Mitveranstalter und Mitglied des Europäischen Parlaments, Matej Tonin, betonte: „Die EU sollte weltweit als Anwalt der Religions- und Glaubensfreiheit auftreten – und das nicht nur in Worten, sondern durch konkretes Handeln.”
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