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LIVE: Räsänen vor Gericht – Staatsanwaltschaft nennt ihre Veröffentlichung und Interpretation von Bibelversen „kriminell“

  • Berufungsprozess im Fall der finnischen Parlamentarierin Päivi Räsänen zur freien Meinungsäußerung in Helsinki läuft gerade.
  • Die Staatsanwaltschaft fordert die Zensur und hohe Geldstrafen.
  • Räsänen steht auf einer von ADF International veranstalteten Online-Pressekonferenz am 1.9.23 um 17:00 Uhr MESZ für Fragen zur Verfügung.

HELSINKI (31. August 2023) – Der Strafprozess gegen die finnische Parlamentarierin Päivi Räsänen und den Bischof Juhana Pohjola ist vor dem Berufungsgericht in Helsinki im Gange. Vor dem Gerichtsgebäude waren am morgen zahlreiche Unterstützer, die der ehemaligen Innenministerin und dem Bischof den Rücken stärkten. Beide werden der „Hassrede“ beschuldigt, weil sie öffentlich ihre Glaubensüberzeugungen zu Ehe und Sexialität zum Ausdruck brachten. Mehr dazu hier.   

Päivi Räsänen, Parlamentsabgeordnete seit über 25 Jahren, Ärztin und Großmutter, sagte vor der Berufungsverhandlung: „Jeder sollte seine Überzeugungen teilen dürfen, ohne Zensur durch staatliche Behörden fürchten zu müssen. Ich weiß, dass die Staatsanwaltschaft versucht, ein Exempel an mir zu statuieren, um andere zum Schweigen zu bringen. Man muss jedoch nicht mit meinen Ansichten übereinstimmen, um der Meinung zu sein, dass jeder frei sprechen sollen dürfte. Ich bete, dass ich standhaft bleibe und das Menschenrecht auf freie Meinungsäußerung verteidigen kann.“ 

Staatsanwaltschaft: „Der Punkt ist nicht, ob es wahr ist oder nicht, sondern, dass es beleidigend ist.“

Der Verhandlungstag begann mit den Argumenten der Staatsanwaltschaft. Zu dem Büchlein mit dem Titel „Als Mann und Frau schuf Er sie“, das Räsänen vor fast 20 Jahren über christliche Anthropologie und Homosexualität veröffentlicht hat, sagte die Staatsanwaltschaft: „Der Punkt ist nicht, ob es wahr ist oder nicht, sondern, dass es beleidigend ist.“ Die Staatsanwältin stellte auch fest, dass „nicht die Autoren der Bibel angeklagt“ werden, aber die Verwendung des Wortes „Sünde […] herabsetzend“ sei und „sexuelle Rechte“ verletze.

Die Staatsanwaltschaft argumentierte weiterhin: „Wir können Meinungsfreiheit begrenzen wenn es um die Ausdrucksform von Religion geht.“ Zum Bibel-Tweet brachte die Staatsanwaltschaft ihre Argumentation auf den Punkt: „Sie können die Bibel zitieren, aber Räsänens Interpretation und Meinung zu dem Bibelvers ist kriminell.“

Im vergangenen Jahr legte die Staatsanwaltschaft Berufung gegen das einstimmige Urteil des Bezirksgerichts Helsinki vom März 2022 ein, in dem Räsänen und Bischof Pohjola vom Vorwurf der „Hassrede“ freigesprochen wurden. Das Bezirksgericht entschied, dass es nicht die Aufgabe des Gerichts sei, „biblische Begriffe zu interpretieren“. Die Staatsanwaltschaft argumentiert jedoch, das Gericht habe Räsänens Tweet „falsch interpretiert“ und sei zu einem falschen Schluss gekommen. 

ADF International Anwälte Teil der rechtlichen Verteidigung

Räsänen und Bischof Pohjola wurden von Paul Coleman, Geschäftsführer von ADF International, begleitet, der Räsänens rechtliche Verteidigung unterstützt. 

„In einer demokratischen Gesellschaft sollte jeder seine Überzeugungen frei äußern können, ohne staatliche Verfolgung fürchten zu müssen. Die Kriminalisierung von Äußerungen durch so genannte ‚Hassrede‘-Gesetze unterdrückt wichtige öffentliche Debatten und gefährdet die Demokratie. Fälle wie der von Päivi Räsänen schaffen eine Kultur der Angst und Zensur und werden weltweit immer häufiger. Wir hoffen, dass das Berufungsgericht in Helsinki das Grundrecht auf Meinungsfreiheit aufrecht erhält und Päivi Räsänen von diesen unbegründeten Anschuldigungen freispricht,“ sagte Paul Coleman, Geschäftsführer der Menschenrechtsorganisation ADF International, die Räsänens Verteidigung unterstützt.    

Angeklagt wegen Tweets mit Bibelversen

Der langjährigen Parlamentarierin und ehemaligen Innenministerin Päivi Räsänen wird „Hassrede“ vorgeworfen, weil sie ihre biblischen Überzeugungen zu Ehe und Sexualethik öffentlich geäußert hat. Die damalige finnische Generalstaatsanwältin erhob drei Anklagepunkte gegen Räsänen: Grund war (i) der Inhalt einer kirchlichen Broschüre, die Räsänen 2004 zu Ehe und Sexualität verfasst hatte, (ii) ihre Teilnahme an einer Rundfunkdebatte im Jahr 2019 und (iii) ein Tweet mit einem Bild von Bibelversen, den Räsänen an ihre Kirchenleitung gerichtet hatte. Neben ihr muss sich auch der lutherische Bischof Juhana Pohjola vor Gericht verantworten, weil er Räsänens Broschüre vor fast 20 Jahren für seine Gemeinde veröffentlichte.   

Die polizeilichen Ermittlungen gegen Räsänen wurden im Juni 2019 eingeleitet. Räsänen – selbst Mitglied der finnisch-lutherischen Kirche – stellte in einem Tweet die offizielle Unterstützung ihrer Kirchenleitung für die Helsinki Pride Parade 2019 in Frage. Dazu postete sie ein Foto mit Bibelversen aus dem ersten Kapitel des Römerbriefs. Dafür wurde sie über mehrere Monate hinweg insgesamt 13 Stunden lang polizeilich verhört. Dabei wurde sie von der Polizei häufig aufgefordert, ihr Verständnis der Bibel zu erklären. 

Räsänen ist seit 1995 Mitglied des finnischen Parlaments, war von 2004 bis 2015 Vorsitzende der Christdemokraten und von 2011 bis 2015 als Innenministerin auch für die Kirchenangelegenheiten in Finnland zuständig.

Anmeldung zur Pressekonferenz

ADF International veranstaltet nach der Berufungsverhandlung am 1. September um 17:00 Uhr MESZ eine Pressekonferenz. Abgeordnete Dr. Päivi Räsänen,  Bischof Juhana Pohjola, Paul Coleman, Geschäftsführer von ADF International, und der finnische Anwalt Matti Sankamo, stehen nach einem kurzen Statement von Räsänen für Fragen zur Verfügung. Bitte registrieren Sie sich hier, um auf den Teams-Link zuzugreifen: https://events.teams.microsoft.com/event/b7fc6903-6fc2-46fa-9af5-77b0b29de4f2@c88562dc-cf95-4155-b379-dd3ef818d3ff    

Wenn Sie ein Interview mit Räsänen und einem Mitglied ihres Verteidigungsteams von ADF International wünschen, wenden Sie sich bitte an Sofia Hörder unter [email protected] / +43 676 362 5093

Um Räsänen’s Fall zu unterstützen, klicken Sie hier.

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