Abgeordnete Päivi Räsänen, ehemalige Innenministerin und Vorsitzende der Finnischen Christdemokraten verlässt den Gerichtssaal nach Anklage und Kreuzverhör
„Der Punkt ist nicht, ob es wahr ist oder nicht, sondern, dass es beleidigend ist,“ sagt die Staatsanwaltschaft zu Räsänens christlichen Überzeugungen
PRESSEKONFERENZ mit Räsänen und ihrer rechtlichen Verteidigung HEUTE 17:00 MESZ
Helsinki (1. September 2023) – Die Verhandlung gegen Päivi Räsänen vor dem Berufungsgericht in Helsinki ist beendet. Die zehnfache Großmutter, Ärztin und langjährige Politikerin war in drei Fällen wegen angeblicher „Hassrede“ angeklagt: Sie hatte in einem Tweet, einer kirchlichen Broschüre und einer Radio-Talkshow ihre christliche Überzeugung zu Ehe und Sexualität ausgedrückt.
„Ich bin zuversichtlich, dass ich von allen Vorwürfen freigesprochen werde. Das wird ein sehr wichtiges Urteil für die Religions- und Meinungsfreiheit in Finnland mit Auswirkungen in ganz Europa. Aber ich bin hoffnungsfroh, dass das Gericht eine gute Entscheidung treffen wird,“ sagte Räsänen beim Verlassen des Gerichts.
Das Gericht kündigte an, das Urteil bis zum 30. November bekanntzugeben.
Staatsanwaltschaft: Räsänens Interpretation der Bibel „kriminell“
Am ersten Prozesstag verkündete die Staatsanwältin, dass „die Autoren der Bibel nicht angeklagt“ seien. „Sie können zwar die Bibel zitieren, aber Räsänens Interpretation und Überzeugung über die Bibelverse sind kriminell.“
Während des Kreuzverhörs am heutigen Prozesstag ging es vor allem um die kirchliche Broschüre mit dem Titel „Als Mann und Frau schuf Er sie“, die Räsänen vor fast 20 Jahren veröffentlich hatte. Mehrmals wurde Räsänen gefragt, ob sie ihre Aussagen zu Ehe und Sexualität widerruft und zurückzieht.
„Der Kern des Kreuzverhörs durch die Staatsanwältin war die Frage: Würde Päivi Räsänen ihren Glauben widerrufen? Die Antwort lautete nein – sie verleugnet nicht die zentralen Punkte ihres Glaubens. Das zermürbende Strafverfahren dem Frau Räsänen unterzogen wird, ist das Gegenteil von Demokratie und „Fortschritt“. Wir werden Päivi Räsänen weiterhin zur Seite stehen und warten auf die Entscheidung des Gerichts, ob die Äußerung von christlichen Überzeugungen in Finnland ein Verbrechen ist,“ sagte Paul Coleman, Geschäftsführer der juristischen Menschenrechtsorganisation ADF International, die Räsänens Verteidigung unterstützt.
An Räsänen gewandt, meinte die Staatsanwaltschaft: „Sie können glauben was sie wollen, aber sie können nicht über alles sprechen was sie glauben.“ Dabei war der Staatsanwältin der Hintergrund und die Motivation hinter Räsänens Aussagen egal: „Der Punkt ist nicht, ob es wahr ist oder nicht, sondern, dass es beleidigend ist.“
Räsänens rechtliche Verteidigung wurde von ADF International koordiniert. Die Verteidigung betonte den starken Schutz den die Meinungsfreiheit im internationalen Recht genießt und wiesen auf die finnische Verfassung hin. Räsänens Aussagen waren teilweise direkte Zitate aus der Bibel. Deswegen – so die Verteidigung – wäre eine Verurteilung der Aussagen eine Verurteilung der Bibel.
Ein Bischof für die Meinungsfreiheit
Auch der lutherische Bischof Juhana Pohjola saß auf der Anklagebank. Er hatte 2004 die kirchliche Broschüre herausgegeben. Vor Gericht betonte Pohjola, dass in dem Text immer wieder die Würde und Gleichheit aller Menschen betont worden wäre, unabhängig von der sexuellen Orientierung.
Dem Gericht gegenüber sagte er: „Die Sünde zu verurteilen bedeutet nicht die Würde und den Wert einer Person in Frage zu stellen. Das sind zwei komplett verschiedene Dinge. Die Staatsanwaltschaft propagiert ein Verständnis, das dem christlichen Glauben entgegenläuft. Sünde zu verurteilen stellt die Würde der Person nicht in Frage.“
Der Bischof wies auch auf die Notwendigkeit von Meinungs- und Religionsfreiheit hin: „Die Idee der Religionsfreiheit ist es, dass man die christliche Lehre frei verbreiten kann – auch wenn das jemand beleidigend findet. Denn dann kann man das Recht in Anspruch nehmen nicht zuzuhören.“ Pohjola sagte, dass auch er nicht die Zensur von Inhalten fordern würde, die für ihn beleidigend wären.
Pressekonferenz um 17:00 MESZ
ADF International veranstaltet heute am 1. September um 17:00 Uhr MESZ eine Pressekonferenz. Die Abgeordnete Dr. Päivi Räsänen, Bischof Dr. Juhana Pohjola, Paul Coleman, Geschäftsführer von ADF International, und der finnische Anwalt Matti Sankamo, stehen nach einem kurzen Statement von Räsänen für Fragen zur Verfügung. Bitte registrieren Sie sich hier, um auf den Teams-Link zuzugreifen: https://events.teams.microsoft.com/event/b7fc6903-6fc2-46fa-9af5-77b0b29de4f2@c88562dc-cf95-4155-b379-dd3ef818d3ff
Wenn Sie ein Interview mit Räsänen und einem Mitglied ihres Verteidigungsteams von ADF International wünschen, wenden Sie sich bitte an Sofia Hörder unter [email protected] / +43 676 362 5093
Um Räsänen’s Fall zu unterstützen, klicken Sie hier.