- Letzte Phase des „Hassrede“-Prozesses könnte Präzedenzfall für Meinungs- und Religionsfreiheit in Europa werden
- Trotz zweier einstimmiger Freisprüche verfolgen die Staatsanwälte weiterhin die Anklagen gegen die finnische Parlamentsabgeordnete Päivi Räsänen und Bischof Juhana Pohjola
HELSINKI (29. Oktober 2025) – Morgen wird der Oberste Gerichtshof Finnlands den richtungsweisenden Fall der finnischen Parlamentsabgeordneten Dr. Päivi Räsänen und von Bischof Juhana Pohjola verhandeln. Beide stehen wegen angeblicher „Hassrede“ vor Gericht, nachdem sie ihre christlichen Überzeugungen öffentlich geäußert hatten. Der Fall, der auf einen Bibelzitat-Tweet aus dem Jahr 2019 zurückgeht, wird nun nach zwei einstimmigen Freisprüchen- zunächst durch das Bezirksgericht Helsinki 2022 und dann durch das Berufungsgericht 2023 – vor dem höchsten Gericht des Landes verhandelt.
Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs wird nicht nur über das Schicksal der Angeklagten bestimmen, sondern auch einen Präzedenzfall für die Zukunft der Meinungs- und Religionsfreiheit in Finnland und ganz Europa schaffen.
Räsänen, Finnlands ehemalige Innenministerin, steht wegen zweier Straftatvorwürfe vor Gericht, weil sie ihre tief verwurzelten christlichen Überzeugungen zu Ehe und Sexualität geäußert hatte – einmal in einem Tweet aus dem Jahr 2019 und einmal in einer Broschüre aus dem Jahr 2004, die von Bischof Pohjola veröffentlicht wurde. Beide Fälle werden unter dem Tatbestand der „Volksverhetzung gegen Minderheiten“ verfolgt. Der Straftatbestand der „Volksverhetzung gegen Minderheiten“ fällt in Finnland unter das Kapitel „Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ im Strafgesetzbuch.
Im Falle einer Verurteilung drohen Räsänen und Pohjola Geldstrafen in Höhe mehrerer Tausend Euro, sowie die Zensur des Tweets und der Kirchenbroschüre, die traditionelle christliche Lehren wiedergeben.
“Es darf niemals als Verbrechen gelten, auszusprechen, was Christen seit jeher glauben."
- Bischof Juhana Pohjola
Meinungsfreiheit vor Gericht
Paul Coleman, Geschäftsführer von ADF International und Teil des rechtlichen Verteidigungsteams von Päivi Räsänen, erklärte:
“In einer demokratischen Gesellschaft sollte jeder seine Überzeugungen frei äußern können, ohne staatliche Verfolgung fürchten zu müssen. Die Kriminalisierung von Äußerungen durch so genannte ‚Hassrede‘-Gesetze unterdrückt wichtige öffentliche Debatten und gefährdet die Demokratie. Fälle wie der von Päivi Räsänen schaffen eine Kultur der Angst und Zensur und werden weltweit immer häufiger. Sie signalisieren anderen, dass bestimmte Meinungen, auch solche, die im Glauben verankert sind, im öffentlichen Raum unerwünscht sind. Finnlands Oberster Gerichtshof hat nun die Gelegenheit, die Meinungsfreiheit zu schützen und ein Beispiel für den Rest Europas zu setzen.“
Von einem Tweet zum Obersten Gerichtshof
Die polizeilichen Ermittlungen gegen Räsänen begannen im Juni 2019. Als aktives Mitglied der finnischen lutherischen Kirche hatte sie sich auf Twitter/X an die Leitung ihrer Kirche gewandt und deren offizielle Unterstützung der LGBT-Veranstaltung „Pride 2019“ in Frage gestellt, begleitet von einem Bild mit Bibelversen aus dem neutestamentlichen Römerbrief (Röm 1,24-27). Über mehrere Monate hinweg musste Räsänen insgesamt dreizehn Stunden lang polizeiliche Verhöre über ihren christlichen Glauben über sich ergehen lassen – unter anderem wurde sie mehrfach von der Polizei aufgefordert, ihr Bibelverständnis zu erklären.
Im April 2021 erhob die finnische Generalstaatsanwältin Anklage mit drei separaten Anklagepunkten gegen sie. Bischof Pohjola wurde angeklagt, weil er Räsänens Broschüre von 2004 über das christliche Verständnis von Ehe und Sexualität veröffentlicht hatte.
Ein weltweiter Präzedenzfall für die Freiheit
Ihr Fall erregte 2023 weltweites Medieninteresse, da Menschenrechtsexperten ihre Besorgnis über die Bedrohung der Meinungsfreiheit in Finnland zum Ausdruck brachten. Beobachter sehen darin eine Bewährungsprobe dafür, ob Finnland – Mitglied der Europäischen Union und des Europarats – seine menschenrechtlichen Verpflichtungen nach internationalem Recht einhält.
Sowohl das Bezirksgericht als auch das Berufungsgericht sprachen Räsänen und Pohjola einstimmig frei und stellten fest, dass es nicht Aufgabe des Staates sei, biblische Begriffe zu interpretieren. Dennoch legte die Staatsanwaltschaft erneut Berufung ein und brachte den Fall vor den Obersten Gerichtshof, der die Sache morgen verhandeln und in den kommenden Monaten ein endgültiges Urteil fällen wird.
Pressekonferenz – Anmeldung
ADF International wird am 30. Oktober um 16:00 Uhr MEZ im Anschluss an die Verhandlung vor dem Obersten Gerichtshof eine Pressekonferenz veranstalten.
Abgeordnete Dr. Päivi Räsänen, Bischof Juhana Pohjola, Paul Coleman, Geschäftsführer von ADF International, und der finnische Anwalt Matti Sankamo, stehen nach einem kurzen Statement von Räsänen für Fragen zur Verfügung.
Bitte registrieren Sie sich hier, um den Zoom-Link zur Pressekonferenz zu erhalten.
Wenn Sie ein Interview mit Räsänen und einem Mitglied ihres Verteidigungsteams von ADF International wünschen, wenden Sie sich bitte an Sofia Hörder unter [email protected] / +43 676 362 5093


