- Privatschule setzt auf Innovation: digitales Lernen in Verbindung mit Präsenzklassen – Anerkennung als Ersatzschule verweigert.
- Angeblich zu wenig Zeit auf dem Pausenhof: Obwohl die Bildung stimmt, bekommt die Privatschule keine Anerkennung.
- Fall am höchsten Menschenrechts-Gericht Europas könnte für weitreichende Änderungen im Pflichtschulsystem sorgen.
Straßburg/Wien (4. Mai 2023) – Der Träger einer innovativen Privatschule klagt gegen das restriktive deutsche Schulsystem am höchsten Menschenrechtsgerichtshof Europas. Der „Landesvereinigung für dezentrales Lernen Baden-Württemberg e.V.“ wurde die Anerkennung ihrer innovativen Schulen als „Ersatzschulen“ verweigert.
Die Schulen folgen dem „Uracher Plan“, einem reformpädagogischen Konzept. Der „Uracher Plan“ beinhaltet sogenanntes hybrides Lernen und kombiniert Lernen im Klassenverband (Präsenztage) mit virtuellem, computergestützten Unterricht und eigenverantwortlichem Lernen zu Hause.
Anwälte der christlichen Menschenrechtsorganisation ADF International haben jetzt für den Trägerverein der Schule Klage am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) eingelegt. Europas höchstes Menschenrechts-Gericht soll nun über den Fall entscheiden. Bis zu einer ersten Rückmeldung durch den Gerichtshof kann es mehrere Monate dauern.
„Kinder haben ein Recht auf erstklassige Bildung. Als Privatschule können wir Familien ein Bildungsangebot machen, dass auf die individuellen Lernbedürfnisse der Kinder eingeht. Wir hoffen, dass das Gericht anerkennt, dass unsere Schule durch moderne Technik, eigenständige Verantwortungsübernahme der Schüler und wöchentlichen Präsenzstunden zeitgemäß gebildet werden“, sagte Jonathan Erz, der Leiter des Trägervereins für dezentrales Lernen.
Erfolgreiche Erfahrungen mit reformpädagogischen Konzept
Mit der „Dietrich Bonhoeffer Internationale Schule“ (DBIS) betreibt der Verband bereits seit mehreren Jahren erfolgreich eine nicht genehmigungspflichtige Ergänzungsschule. Die DBIS verbindet selbstständiges Lernen, Klassenraumpräsenz und Komponenten einer digitalen Fernschule miteinander. Dazu beschäftigt die Privatschule staatlich anerkannte Lehrer, folgt dem staatlichen Lehrplan und unterrichtet online, sowie in Klassenräumen. Im konkreten Fall geht es um zwei weitere ähnliche Schulen, die allerdings einer Genehmigung bedürfen.
„Das Recht auf Bildung schließt individuelle Lösungen mit ein. Deutschland ist weltweit eines der restriktivsten Länder, wenn es um Schulbildung geht. Dass jetzt eine innovative Schule auf christlichem Wertefundament keine Zulassung erhält, ist eine dramatische Entwicklung. Das Grundgesetz gewährleistet in Artikel 7 ‚das Recht zur Errichtung von privaten Schulen,‘“ sagte der deutsche Anwalt Dr. Felix Böllmann, der bei der juristischen Menschenrechtsorganisation ADF International für den Fall verantwortlich ist.
Der Notendurchschnitt bei Schülern, die an der DBIS nach dem Uracher Plan lernen, liegt seit 2013 bei 2,1. Die Gleichwertigkeit der Ausbildung steht damit fest. Außerdem fördert die Schule die Erziehungsziele des Landes Baden-Württemberg. Trotzdem verweigert der deutsche Staat die Zulassung für die Schulen.
Keine Zulassung wegen eigenständigem Lernen
Schon am Verwaltungsgerichtshof Mannheim war die Klage auf Zulassung gescheitert. Der Senat erkannte zwar die zufriedenstellende Bildung an, bemängelte aber, dass die Schule den staatlichen Erziehungsauftrag nicht erfülle. Die Kinder würden aufgrund des eigenständigen Lernens zu wenig Zeit gemeinsam in den Pausen und zwischen den Schulstunden verbringen. Anträge seitens der Schule, die vollumfängliche Umsetzung des Bildungs- und Erziehungsauftrags nachzuweisen, wurden nicht zugelassen.
„Die Begründung für die Nichtzulassung der Privatschulen ist ein Skandal. Nur der schulische Unterricht ist für die Zulassung maßgeblich – und hier erfüllen die Schulen nach dem Uracher Plan hohe Standards. Eigenständiges Lernen findet in der Familie statt. Die Familie ist der Ort, in dem Kinder Liebe und Zuneigung erfahren und wo Bildung und Erziehung ihren Ursprung findet. Staaten müssen religiöse und weltanschauliche Überzeugung der Eltern respektieren. Das Recht zur Errichtung von privaten Schulen ist eine besondere Ausprägung dieses Elternrechts,“ stellt Dr. Felix Böllmann klar.
Recht auf Bildung von Privatschule verletzt
Nicht nur das deutsche Grundgesetz (Artikel 7), sondern auch die internationalen Menschenrechte garantieren das Recht auf Bildung von Privatschulen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte nennt Privatschulen als eine der Garantien für eine pluralistische Gesellschaft (B.N. and S.N. v Sweden).
„Während der Corona Lockdowns waren alle Schüler auf digitale Bildungswege angewiesen. Fernschulen haben seit Jahrzehnten positive Erfahrung mit virtuellen Klassenräumen. Schon 1991 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass Fernschulen, die über Rundfunk unterrichten, staatliche Zeugnisse ausstellen dürfen. Ein komplettes Verbot von selbstständigen und digital gestützten Lernangeboten ist deswegen komplett aus der Zeit gefallen. Mehr Flexibilität und Bildungsfreiheit täte dem deutschen Schulsystem und seinen Schülern gut. Deswegen unterstützen wir die Privatschule jetzt vor Gericht,“ sagte Dr. Felix Böllmann, Leiter der europäischen Rechtsabteilung von ADF International.
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